Die Politik spricht von Energiewende,
Die Presse spricht von Energiewende.
Sogar die ganze Branche der Erneuerbaren Energien spricht davon.
Mit der Entwicklung der regeneartiven Quellen beim Strom, in Kombination mit den technischen Entwicklungen, sowie den politischen Diskussionen ist diese Stromwende machbar, wenn auch für sich noch viel Arbeit. Super, soweit und auch so schnell wie möglich notwendig.
Grafiken und Datenquellen finden sich im Artikel Energiebedarf in Deutschland
Zur wirklichen Energiewende gehört jedoch so viel mehr, als den Strom im öffentlichen Netz auf erneuerbare Ressourcen umzustellen. Ok, mit der E-Mobilität wird zumindest die Vision öffentlich diskutiert, den kompletten Verkehr mit Sonnen- und Windstrom anzutreiben. Hier fange ich auch schon an zu zweifeln: Wie greifbar ist es, den bisherigen Energiebedarf im Verkehr von 2755 PJ, zusätzlich zu unserem Bedarf an Elektrizität auch noch über Wind und Sonne abzudecken? Für mich liegt das hinter dem Horizont, ich sehe es einfach nicht. Weder bezüglich der erforderlichen Energieleistung insgesamt, noch mit dem Ansatz den kompletten Verkehr auf elektrische Antriebe umzustellen.
Neben der Elektrizität setzen wir fossile Energie auch noch in anderen Bereichen ein, etwa für das Heizen in Haushalten und auch in der Industrie für Kraft, Wärme, Elektrizität. All das kommt dazu. Für unseren gesamten Energiebedarf machten die Erneuerbaren Energien im Jahr 2017 gerade mal 13% aus.
Ja, in den anderen Sektoren/ Bereichen gibt es auch Aktivitäten – so gibt es in der Industrie seit Jahrzehnten intensive Programme zur Effizienzsteigerung, um Einsparpotenziale zu erschliessen.
Ich sehe jedoch keine Diskussion, die für jeden Bereich getrennt betrachtet,
– was die Situation ist,
– was technisch machbar und sinnvoll ist
– und was darüber hinaus vielleicht gesellschaftlich geschehen muss,
damit wir uns wirklich für jeden einzelnen Sektor auf dem Weg zur echten Energiewende bewegen.
Genau diese spezifischere Diskussion halte ich – spätestens jetzt – für zwingend. Die große Fliegenklatsche „Energiewende“, wie derzeit diskutiert, ist ein Gitter mit sehr großen Lücken.
Beispiel Heizen in Haushalten
Statistisch macht in Deutschland das Heizen mit fossilen Brennstoffen stattliche 40% des Energiebedarfes von Hasuhalten aus.
Sieht irgendjemand, dass wir in 10, 20, 30 Jahren alle unsere Häuser mit Wind- und Sonnenstrom heizen?
Und wer sich etwas auskennt, weiß sofort, dass man auch schon wieder genauer hinsehen muss:
Neue Häuser und Gebäude müssen seit Jahrzehnten nach Niedrigenergie- oder sogar Passivhaus Standards gebaut werden. So weit, so gut.
Die älteren Gebäude, die noch immer die gennanten 40% des fossilen Energiebedarfes ausmachen werden wir jedoch weiterhin nutzen. Derzeit vermisse ich die öffentliche Diskussion zum Status in diesem Thema und zum Weg zur Heizenergiewende hin.
Auch hier wird etwas gemacht, aber ist das alles mögliche und sinnvolle?
Was ich sehe ist: Die Politik fördert mit der Fassadendämmung, die eine Seite, nämlich den unnötigen Bedarf an Heizleistung zu verringern. Sehr gut und wichtig, denn nach meinem bisherigen Verständnis ist es nur für Häuser im echten Niedrigenergie-Niveau realistisch, mit regenerativen Wärmequellen zu heizen, egal ob Solarthermie, Geothermie, Eisheizung etc.
Für mich ist jedoch nicht absehbar, dass wir alle Gebäude auf einem solch hohen Dämmstandard haben und es gibt kein diskutiertes Szenario, ab wann wir alle Häuser Erneuerbaren Energien beheizen werden.
Oder gibt es einen solchen Plan? Wenn ja, wie sieht dieser aus?
Die andere Seite der möglichst effizienten Wärmebereitstellung, also der Brennertechnik als weiteres Potenzial im Gebäudealtbestand wird in Fachkreisen diskutiert, nach meinem Stand von der Politik jedoch abgeblockt, zumindest nicht als förderwürdig. Dabei kenne ich den Kommentar von Branchenexperten, dass wir alleine mit Austausch der veralteten Brennertechnik auf modernste, sparsamere Verbrennungsgeräte unsere aktuellen Emissionsziele noch erreichen könnten. Warum wird dies öffentlich, also in der Breite noch nicht einmal diskutiert? Damit meine ich nicht spezifisch nur die politische Ebene, bezüglich der Förderung. Erstmal scheint es mir, gerade als Potential in der energieintensiven Baubranche, ein extrem einfach zu pflückender Apfel zu sein, um das englische Sprichwort der „low hanging fruit“ einzudeutschen. Nur die Brenntechnik auszutauschen ist ein wirklich überschaubarer Aufwand, je nach bisherigem Brenner Modell sind die effektiven Kosten-Einsparungen schnell so groß, dass sich das Ganze selbst bezahlt, sogar ohne Zuschussförderung. Ob und wie etablierte Förderprogramme eingebunden werden ist letztlich Expertensache.
Gedankenspiel meinerseits: Könnte es gerade für größere Wohneinheiten, also Mietshäuser etc. interessant sein ein Geschäftsmodell aufzubauen, in dem Eigentümer sofort von Einsparungen profitieren und erst im Betrieb das Umbaupaket aus Technik und Austausch-Dienstleistung an den Verbrauch gekoppelt abbezahlt wird?
Die Ansprache wäre diese: Lieber Hausbesitzer und Mieter, du zahlst nach dem Austausch für jede Öl/ Gas Lieferung einen Teil deiner Einsparung als Aufschlag zur Brennstoffrechnung (oder entkoppelt in entsprechend umgelegten Raten), an wen auch immer. Du als Besitzer und Mieter hast sofort geringere (Heiz-) Kosten, mit der Finanzierung hast du nichts mehr zu tun, nur eben ein Ratenzahlung über x-Monate, die kleiner ist als deine Einsparungen.
Zuklären ist lediglich noch, wie der Finanzstrom abgebildet wird. Der kleine Handwerker braucht das Geld für seine Dienstleistung sofort, das ist klar. Ob der Hersteller (ggf. mit Servicepaket inkl. Fernwartung) oder der Finanzierer hier das formale Zepter in der Hand haben… dazu gibt es doch wohl definitiv Erfahrungen an vielen Stellen, oder? Ich sehe hier kein Raketenwissenschaft. Und das hier eingesetze Kapital ist wirklich welches, das mit Impact angelegt wird…
Letztlich bedeutet dies: Kredite, die sich selbst aus Einsparungen finanzieren und gleichzeitig die Kaufkraft effektiv erhöhen – wie cool ist das denn!
Was spricht gegen die Machbarkeit dieses Ansatzes?
Und wie sexy ist der für die Branche, von Mieter über Hausbesitzer, Handwerk, Industrie bis zum Kapital und der Politik?
Dasselbe Modell lässt sich auch für die Dämmung anwenden. Dem Besitzer wird vereinfachend gesagt: Lass uns mal machen, du sparst ab dem ersten Tag. Wer hat dagegen welches Argument?
Und ja ich weiß, die konkreten Punkte auf dem Weg dahin abzuarbeiten kann noch viel Aufwand sein. Sowohl gesellschaftlich, als auch unternehmerisch finde ich den Ansatz sehr charmant… also erfolgversprechend, um sachlich zu bleiben.
Um zurück zum übergeordneten Thema zu kommen, braucht es aus meiner Sicht für jeden untergeordneten Sektor eine explizite Betrachtung und Strategie. Nur, wenn wir die einzelnen und konkreten Sektorenstrategien neben einander legen, nur dann können wir über „die Energiewende“ reden und diskutieren: Wo stehen wir und was können und müssen wir als Gesellschaft tun, um dieses Ziel zu erreichen. Und wenn ich wir sage als Gesellschaft, dann ist „die Politik“ nur einer der Akteure am Tisch.
Tatsächlich reden und agieren ja auch immer einzelne Menschen. Politiker sind hier auch nur Menschen, die ähnlich wie Manager auf Basis von eigener Expertise und zugetragenen Informationen in den vielfältigen Themen ihrer Arbeit und in der Abwägung verschiedener Prioritäten entscheiden dürfen, so oder so. (Tatsächlich glaube ich, dass die Entscheidungssituation von Politikern, mindestens die gefühlte, jedoch komplexer ist als die von Unternehmern… wobei ich darüber selbst mal noch weiter nachdenken muss und will.)
Jedenfalls geht es darum sinnvolle, machbare und auch breit akzeptierte Handlungsoptionen gemeinsam aufzubereiten. Die Politiker können und müssen dann eindeutig erklären, aufgrund welcher Prioritäten, sie sich für die eine und gegen die andere Handlungsoption entscheiden.
Ich finde es spannend hier auf den systemischen Konsens hinzuarbeiten, bei dem die gewählte Option diejenige ist, die am wenigsten Widerstand auslöst. Ich bin gespannt wie solche Entscheidungen aussehen und wie wir als Gesellschaft damit dann umgehen.