Schon länger finde ich merkwürdig, dass besonders bezüglich politischer Ziele, zwar die sinnvolle Hauptüberschrift lautet: “Wir wollen bzw. müssen die Klimaerwärmung auf 1,5 Grad Celsius begrenzen”, ich jedoch zu dieser Zielerreichung in Pressemeldungen über Konrerenzen, wie Paris und Katowize immer lediglich Staatsziele höre, die die “Minderung der CO2 Emissionn bis zum Jahr 20-irgendwas” formulieren. Parallel gibt es permanent Meldungen, dass etwa die großen tropischen Wälder zerstört werden, egal ob am Amazonas oder in Indonesien und das obwohl dabei von enormen Flächen pro Tag die Rede ist. Immer denke ich (ohne das dies was Besonderes wäre): Das hängt doch zusammen, warum wird das eine große Ziel der Temperaturbegrenzung diskutiert, ohne von beiden Themen gemeinsam zu sprechen und vorallem ohne in beiden Themen aktiv und bewußt, in die jeweils richtige Richtung zu arbeiten?
Auch fällt mir auf, dass immer nur von Gasen die Rede ist, also von der CO2 Konzentration in der Luft, also in der Atmosphäre. Das ist natürlich sachlich richtig, denn genau dort entfaltet das CO2 seine (inzwischen) schädliche Wirkung. unter anderem als Unternehmer und Unternehmensberater weiß ich jedoch auch, dass im wahrsten Sinne des Wortes greifbare Ziele sinnvoll oder sogar notwendig sind, um auch wirklich etwas dauerhaft zu bewegen. Insofern scheint es mir, sagen wir mal subotimal, hauptsächlich oder gar alleinig über Gase zu reden, um Menschen zu konkretem und zielorientiertem Handeln zu bewegen.
Diese Gedanken haben mich dazu gebracht, mir Gedanken über den vollständigen Kohlenstoffkreislauf zu machen, der in der Atmosphäre beginnt und dort auch wieder endet. Da ist der kurze, biologische Kohlenstoff-Kreislauf, in dem Pflanzen das CO2 hauptsächlich in Sauerstoff und die unterschiedlichsten Kohlenwasserstoffe in Form von pflanzlicher Biomasse umwandeln. Das leisten die Pflanzen, indem sie über die Photosynthese Sonnenlicht und damit Sonnenergie nutzen. Das heißt die Pflanzen speichern dankenswerter Weise, richtig viel Sonnernergie in (bio-)chemischer Form ab, welche dann von Tieren und Menschen mehr oder weniger direkt als Nahrung für unseren Körper genutzt wird, also wieder verbraucht wird. Daneben nutzen wir pflanzliche Biomasse zum Beispiel in Form von Holz oder Papier auch als technischen Werkstoff, sowie als Energielieferant für technische Prozesse um Arbeit zu leisten oder um zu Heizen.
Fossile Rohstoffe wie Kohle, Erdöl, Erdgas sind ebenfalls Teil des erweiterten Kohlenstoffkreislaufes von pflanzlicher Biomasse. Gewachsen vor Jahrmillionen, umgewandelt in einem langwierigen Prozess und auf unterschiedliche Kohlenstoffanteile bzw. in verschiedenen Aggregatzuständen aufkonzentriert.
Für mich hat sich so, ausgehend von den beiden Kohlenstoffkreisläufen “Biologisch” und “Technisch”, das Konzept einer Bilanz pflanzlicher Biomasse (pflaB-Bilanz) ergeben, bei der verschiedene Teilprozesse als Bilanzposten dargestellt werden.
Siehe Unser Kohlenstoff Kreislauf
In der pflaB-Bilanz, stehen analog einer betriebswirtschaftlichen Bilanz analog, Einnahmen und Guthaben (Produktion und Lagerung) auf der einen Seite und auf der anderen Seite, steht das, was wir gerade ausgegeben (Nutzung und Verbrauch). Die Aussage des bilanziellen Saldos ist entsprechend, je nachdem welche Seite in einer Zeitperiode in Summe größer ist, steigt oder sinkt die CO2-Konzentration in der Atmosphäre. Wir haben in der breiten öffentlichen Diskussion derzeit das Ziel, dass wir die CO2 Konzentration nicht weiter erhöhen und dieses Ziel wollen möglichst schnell erreichen. Im Konzept der pflaB-Bilanz bedeutet dies, dass auch die Produktionsleistung und die natürlichen Speicher pflanzlicher Biomasse (Wälder, Böden, Meere) sehr großen Einfluß auf dieses Ziel haben.
Da wir nur eine Atmosphäre haben ist die oberste Bilanzebene eine Bilanz für unseren gemeinsamen Haushalt Erde. Spätestens hier schlägt die Globalisierung so oder so zu – egal wie sehr, jeder Kontinent oder jedes Land für sich agieren bzw. wirtschaften wird.
Wir alle zusammen sind davon betroffen, was in jedem einzelnen unserer Teilsysteme und jedem einzelnen Material-Kreislauf geschieht. Alles, was irgendwo gut oder auch falsch läuft, hat spätestens über diese eine, uns verbindende Atmosphäre Auswirkungen auf uns alle.
Aus meiner Sicht bietet die Darstellung als Stoffbilanz eine gute Möglichkeit die unterschiedlichen Handlungsfelder in einen Zusammenhang zu stellen. Relevant ist das Saldo beider Seiten, von denen jede aus mehreren Posten bzw. Teilprozessen aufaddieren.
Nach dem unternehmerischen und Prozesssteuerungsgrundsatz: “Nur was gemessen wird, wird auch gesteuert. “, ergibt sich die Schlussfolgerung, dass wir in jeder allgemeinen und politischen Diskussion schleunigst zu einem vollständigeren Blick auf die Thematik kommen müssen.
Konkret und vielleicht positiv formuliert, bedeutet dies, dass wir mindestens sechs von einander abgrenzbare Handlungsfelder haben, die die Konzentration der atmosphärischen CO2 Konzentration beeinflussen. Die Chance besteht darin, dass jeder von uns auch alle diese sechs möglichen Stellhebel hat, um selbst hin zum Besseren zu wirken.
Da jedoch jeder Chance auch Risiken gegenüberstehen, ist es noch viel zwingender und drängender, dass wir die Diskussion und das Formulieren konkreter Ziele vervollständigen.
Denn als Gefahr kann es passieren, dass (negative) Entwicklungen in unbeachteten Bilanz-Posten/Teilprozessen, erfolgreiche Aktivitäten bei der Reduktion von CO2-Emissionen teilweise verringern oder sogar komplett zunichte machen können.
Wir müssen also für jeden einzelnen Posten / Teilprozess genauer betrachten, was dort jeweils die Situation ist (zum Beispiel auch im Vergleich zu vorindustriellen Zeiten) und in welche Richtung wir im jeweiligen Teilprozess sinnvoller Weise wirken müssen.
Einen weiteren Pluspunkt dieser Darstellung/ Diskussion als pflanzenbasierter Biomasse Bilanz will ebenfalls nochmals explizit hervorheben. Ich halte diese Darstellung für sinnvoll, weil sie durchgängig, die konkreten relevanten Materialflüsse und Aktivitäten erfasst und betrachtet, die wir als Menschen auch tatsächlich und im wahrsten Sinne des Wortes in der Hand haben.
So, und nur so, sollten sich durchgängig Aktivitäten greifbar formulieren lassen, die entweder als zielführend oder als kontraproduktiv, im Kampf gegen den Klimawandel einzuordnen sind.
Auch kommt es (erstmal) nicht darauf an, an jede Aktivität und jedes Ziel konkrete Zahlen für CO2-Äquivalente zu hängen. Wir müssen jedoch sicherstellen, dass wir gesamte Teilprozesse/ Bilanzposten auf globaler Ebene zumindest grundsätzlich in die richtige Richtung entwickeln.
Grundaussagen, wohin die Reise gehen muss, lassen sich recht schnell formulieren. Siehe folgende Darstellung.
Unternehmerisch gesprochen ist es ebenfalls logisch, dass sich bei diesem globalen, also übergeordneten “Haushalt Erde”, die Einzelbilanzen jedes Teilsystems aufsummieren, ganz wie in einem Konzern die Ergebnisse der Tochterfirmen oder in einem Familienhaushalt die Einnahmen und die Ausgaben jedes Mitglieds addieren.
Wirklich spannend finde ich hier, sich bewußt zu machen, wie verzweigt und wie markant die tatsächlichen Wirkungsketten und Einflussmöglichkeiten der (eigenen) Aktivitäten und Teilsysteme auf andere mehr oder weniger weit entfernte Teilsysteme sind.
Jedes Teilsystem trägt in jedem einzelnen Teilprozesse zum Gesamtergebnis bei und wirkt in unserer arbeitsteiligen Welt letztlich immer über verschiedene Systemeebenen hinweg. Naheliegend ist zum Stichwort Systemebenen, die geografische Verschachtelung bei der Nutzung, Verarbeitung, Verbrauch vom Haushalt über die Kommune zum Land und so weiter.
Bei Schnittblumen etwas, als einem möglichen konkreten Produktbeispiel, sind die beteiligten Systeme weniger offensichtlich.
– Von einem regionalen Gärtner bleibt der Radius klein
– Aus holländischer Zucht kommen nach Süddeutschland bereits nennenswert Transportkilometer dazu – hoffentlich nur per LKW, ggf. jedoch aus dem Gewächshaus, was zu den entsprechenden Zeit sehr wahrscheinlich mit Erdgas beheizt wird.
– Bei den Importen aus Afrika und Südamerika kommt wohl wirklich immer der Transport per Flugzeug dazu, um die Schnittware des von heute auch morgen bereits zumindest im Grosshandel zu haben. Recht sicher werden in den Statistiken die Emissionen aus dem Flugzeugtreibstoff geografisch dort zugeordnet, wo dieser getankt wird, obwohl die der Transport für uns Industrieländer stattfindet. Der (anstehende) konkrete Vergleich der enthaltenen Emissionen, in den drei beispielhaften Lieferketten finde ich spannend – wobei ich eine Vermutung zur Rangfolge habe..
Es wird jedoch auch bereits deutlich, welche Einflussmöglichkeiten jeder von uns bei jeder einzelnen (Kauf-)Entscheidung aufs neue hat, in dem er bewußt oder unbewußt, die eine oder die andere Lieferkette eines Produktes wählt, ganz ohne jede Aktivität vom Gesetzgeber abwarten zu müssen.
Auch will ich im positiven Sinne hervorheben, dass jeder Einzelne, über die unterschiedlichsten Rollen die wir haben, viele und unterschiedlichste Wirkunsmöglichkeiten hat.
Am Beispiel Schnittblumen lassen sich die Rollen andeutungsweise durchspielen….
– Blumen für den eigenen Haushalt
– Für den Verein entsprechend einkaufen
– Als Mitarbeiter bewußten Einkauf anstossen
– Als Abteilungsleiter oder Geschäftsführer so entscheiden
– Als lokaler Händler den Einkauf bewuß gestalten
Da der Zielkonflikt zwischen Kundenerwartung der Vielfalt und ggf. mindestens dem eigenen Klimabewßtsein nicht von der Hand zuweisen ist – könnte eine unternehmerisch pragmatische Lösung hier sein: die ungünstigste Lieferkette bewußt auszuschliessen und die verbleibenden Alternativen für die Kunden sichtbar zu machen. Ein solches Wahrnehmen der Händlerverantwortung wird hoffentlich immer stärker von Kundenseite, sowohl nachgefragt und erwartet, als auch honoriert werden. Für den Kunden/Konsumenten spielt der Händler und mit ihm die Transparenz über die Lieferkette eine entscheidende Rolle um die Komplexität der Fragestellungen (für den Kunden/ Verbraucher) erst handhabbar zumachen.
Ich habe nicht eure Antworten – meine Fragen habe ich schonmal
Ein Fragenpaket, das für alle Ebenen und alle Rollen Gültigkeit haben, zeigt die folgende Zusammenstellung auf.
Ob und wie die Politik in diesem konkreten Beispiel der Schnittblumen aktiv werden könnte, steht für mich noch nicht eindeutig fest. Auch wenn das Thema der Besteuerung von Flugbenzin hier auf der Hand liegt. Ein anderer Gedanke hierzu wird im Artikel “Fliegen als Wegbereiter für algenbasierter Treibstoffe” andiskutiert.